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Angsterkrankungen – Angstkreislauf verstehen und durchbrechen

Angst ist ein Gefühl, das uns allen vertraut ist. Sie kann uns in gefährlichen Situationen schützen und uns dazu bringen, vorsichtig zu sein. Doch manchmal wird Angst überwältigend und beginnt, unser tägliches Leben zu beeinträchtigen. In solchen Fällen kann es hilfreich sein, den Angstkreislauf zu verstehen. Der Angstkreislauf erklärt, warum wir in diesen ängstlichen Zuständen feststecken und wie wir diesen Kreislauf durchbrechen können.


Dieser Blogbeitrag soll dir dabei helfen, zu verstehen, was der Angstkreislauf ist, wie er entsteht und welche Strategien es gibt, um ihn zu überwinden. Angststörungen sind weit verbreitet. Es ist wichtig, sie ernst zu nehmen und geeignete Hilfsmöglichkeiten zu kennen. Indem du die Mechanismen der Angst verstehst, kannst du einen wichtigen Schritt in Richtung Genesung und Wohlbefinden machen.


Angstkreislauf bei Angsterkrankungen
Viele Menschen kämpfen mit ähnlichen Ängsten. Mit Verhaltenstherapie können Ängste behandelt werden.

Was ist ein Angstkreislauf?

Der Angstkreislauf beschreibt, wie Angst sich selbst aufrechterhalten und verstärken kann. Dieser Kreislauf besteht aus drei Hauptkomponenten: Gedanken, Gefühle und Verhalten. Zunächst beginnen die negativen und angstvollen Gedanken. Diese Gedanken sind oft übertrieben oder irrational und führen zu intensiven Angstgefühlen und körperlichen Reaktionen.

Typische körperliche Symptome können Herzrasen, Zittern, Schweißausbrüche und Atemnot sein. Diese körperlichen Reaktionen bestätigen die negativen Gedanken und verstärken das Angstgefühl. Um die Angst zu reduzieren, greifen viele Betroffene auf Vermeidungsverhalten und Sicherheitsstrategien zurück.


Vermeidungsverhalten bedeutet, Situationen zu meiden, die Angst auslösen könnten, während Sicherheitsstrategien Handlungen sind, die kurzfristig beruhigend wirken, aber langfristig die Angst verstärken. Diese Verhaltensweisen verhindern, dass man lernt, dass die gefürchteten Situationen oft gar nicht so bedrohlich sind, wie sie scheinen, und halten somit den Kreislauf aufrecht.


Das verhaltenstherapeutische Dreieck

Das verhaltenstherapeutische Dreieck ist ein Modell, das diese drei Hauptkomponenten – Gedanken, Gefühle und Verhalten – in Beziehung setzt. Es zeigt, wie diese Elemente sich gegenseitig beeinflussen und verstärken.


  • Gedanken: Negative, angstvolle Gedanken wie "Ich werde versagen" oder "Alle werden mich verurteilen".

  • Gefühle: Die emotionale und körperliche Reaktion auf diese Gedanken, wie Angst, Herzrasen und Schweißausbrüche.

  • Verhalten: Die Reaktionen auf diese Gefühle und Gedanken, oft Vermeidung oder Sicherheitsverhalten.


Das verhaltenstherapeutische Dreieck zeigt, wie diese drei Komponenten sich gegenseitig beeinflussen und verstärken. Negative Gedanken führen zu Angstgefühlen, die wiederum zu Vermeidungsverhalten führen. Dieses Verhalten verhindert, dass man positive Erfahrungen macht, die die negativen Gedanken widerlegen könnten. Indem man an diesen einzelnen Komponenten arbeitet, kann man den Angstkreislauf durchbrechen und die Angst bewältigen. ​


Verhaltenstherapie Dreieck
Im verhaltenstherapeutischen Dreieck erklärt die Verhaltenstherapie, wie Ängste entstehen und behandelt werden können.


Wie entsteht ein Angstkreislauf?

Der Angstkreislauf beginnt oft mit einem Auslöser oder Trigger. Dies kann eine spezifische Situation, ein Gedanke oder eine Erinnerung sein, die Angst hervorruft. Ein Beispiel könnte eine bevorstehende Prüfung sein. Sobald der Auslöser auftritt, werden negative Gedanken aktiviert, wie zum Beispiel "Ich werde versagen" oder "Alle werden sehen, dass ich es nicht kann".


Diese Gedanken führen zu einer körperlichen Angstreaktion: Dein Herz beginnt zu rasen, du bekommst Schweißausbrüche und dein Atem wird schneller. Diese körperlichen Symptome bestätigen die negativen Gedanken und verstärken das Gefühl der Angst. Um diese unangenehmen Empfindungen zu vermeiden, beginnst du möglicherweise, die Prüfung zu meiden oder dich krank zu melden. Kurzfristig fühlst du dich erleichtert, weil die unmittelbare Angst verschwindet.


Langfristig verstärkt sich jedoch die Angst vor Prüfungen, weil du nie lernst, dass du die Situation bewältigen kannst. Durch dieses Vermeidungsverhalten wird der Kreislauf geschlossen und die Angst bleibt bestehen.


In einer weiteren Dimension spielt auch die kognitive Verzerrung eine große Rolle bei der Entstehung des Angstkreislaufs. Kognitive Verzerrungen sind Denkfehler, die zu übertriebenen oder irrationalen Gedanken führen. Dazu gehören Katastrophisieren (das Schlimmste annehmen), Schwarz-Weiß-Denken (nur Extreme sehen) und übermäßige Verallgemeinerung (von einem einzelnen Ereignis auf alle zukünftigen schließen). Diese Denkfehler tragen dazu bei, dass die Angst immer wieder auftritt und sich verstärkt.


Ein anderer wichtiger Aspekt sind die physiologischen Reaktionen des Körpers auf Angst. Wenn du Angst hast, reagiert dein Körper mit einer „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion, die dich auf eine Bedrohung vorbereitet. Diese Reaktion war evolutionär sinnvoll, als es darum ging, vor Raubtieren zu fliehen oder sich zu verteidigen. In modernen Situationen, wie einer Prüfung oder einem sozialen Ereignis, ist diese intensive körperliche Reaktion jedoch oft unangebracht und verstärkt nur die Angst.


Beispiel eines Angstkreislaufs

Um den Angstkreislauf besser zu verstehen, betrachten wir ein konkretes Beispiel. Nehmen wir an, du leidest unter sozialer Angst. Ein bevorstehendes Treffen mit neuen Leuten (der Auslöser) könnte negative Gedanken hervorrufen wie "Ich werde mich blamieren" oder "Niemand wird mich mögen". Diese Gedanken führen zu starken körperlichen Reaktionen wie Herzrasen, Schweißausbrüchen und Zittern. Diese Symptome bestätigen deine negativen Gedanken und verstärken das Gefühl der Angst. Um diese unangenehmen Gefühle zu vermeiden, entschuldigst du dich und sagst das Treffen ab (Vermeidungsverhalten).


Kurzfristig fühlst du dich erleichtert, weil die unmittelbare Angst verschwindet. Langfristig verstärkt sich jedoch deine soziale Angst, weil du nie die Gelegenheit bekommst, zu lernen, dass du soziale Situationen bewältigen kannst und dass deine Befürchtungen oft unbegründet sind. Durch dieses Vermeidungsverhalten schließt sich der Kreislauf und deine Angst bleibt bestehen oder verschlimmert sich sogar.


Auswirkungen des Angstkreislaufs

Der Angstkreislauf kann erhebliche Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche haben. Körperlich können die ständigen Angstreaktionen zu chronischem Stress führen, der das Immunsystem schwächt und zu anderen gesundheitlichen Problemen wie Bluthochdruck, Magenbeschwerden und Schlafstörungen führen kann. Die ständige Anspannung und der erhöhte Stresspegel können auch zu chronischen Schmerzen wie Kopfschmerzen oder Rückenschmerzen beitragen.


Psychisch kann der Angstkreislauf das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Betroffene erleben oft ein ständiges Gefühl der Anspannung und des Unbehagens. Sie können Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren, und ihre Gedanken kreisen ständig um angstvolle Szenarien. Dies kann zu weiteren psychischen Problemen wie Depressionen, Panikattacken und anderen Angststörungen führen. Das Gefühl der Hilflosigkeit und die ständige Angst können das Selbstwertgefühl erheblich beeinträchtigen.


Auch soziale Beziehungen leiden unter dem Angstkreislauf. Vermeidungsverhalten führt oft dazu, dass Betroffene soziale Kontakte und Aktivitäten meiden. Dies kann zu Isolation und Einsamkeit führen, da Freunde und Familie möglicherweise nicht verstehen, warum die betroffene Person sich zurückzieht. Die Angst vor Verurteilung oder Ablehnung kann dazu führen, dass Betroffene weniger offen über ihre Ängste sprechen und dadurch weniger Unterstützung erhalten. Die ständige Angst und das Vermeidungsverhalten können auch zu Konflikten in Beziehungen führen, da Partner:innen und Freund:innen sich möglicherweise zurückgewiesen oder missverstanden fühlen.


Strategien zum Durchbrechen des Angstkreislaufs

Es gibt verschiedene Strategien, um den Angstkreislauf zu durchbrechen. Eine der effektivsten Methoden ist die kognitive Verhaltenstherapie (KVT). KVT hilft dir, negative Denkmuster zu erkennen und zu verändern. Durch kognitive Umstrukturierung lernst du, irrationale Gedanken zu hinterfragen und durch realistischere zu ersetzen. Zum Beispiel kannst du den Gedanken "Ich werde mich blamieren" durch "Ich bin gut vorbereitet und werde mein Bestes geben" ersetzen.


Eine weitere wichtige Technik ist die Expositionstherapie. Dabei setzt du dich schrittweise den angstauslösenden Situationen aus, um zu lernen, dass die befürchteten Konsequenzen meist nicht eintreten. Dies kann zum Beispiel bedeuten, dass du dich zunächst kleinen sozialen Situationen stellst und diese langsam steigerst. Durch die wiederholte Konfrontation mit der Angst lernst du, dass du die Situationen bewältigen kannst.


Achtsamkeit und Entspannungstechniken sind ebenfalls hilfreich, um den Angstkreislauf zu durchbrechen. Übungen wie Atemübungen und progressive Muskelentspannung können dir helfen, dich zu beruhigen und deine Angst zu kontrollieren. Achtsamkeit hilft dir, im Moment zu bleiben und deine Gedanken und Gefühle ohne Urteil zu beobachten. Dies kann dazu beitragen, die Intensität der Angst zu reduzieren und dich weniger von negativen Gedanken überwältigen zu lassen.


Praktische Tipps zur Selbsthilfe

Um den Angstkreislauf zu durchbrechen, gibt es einige praktische Schritte, die du selbst unternehmen kannst. Führe ein Tagebuch, um deine Angstgedanken und -gefühle zu dokumentieren und Muster zu erkennen. Schreibe auf, wann und wo deine Angst auftritt und wie du reagierst. Dies kann dir helfen, Auslöser und wiederkehrende Denkmuster zu identifizieren. Tagebuchführung kann auch dabei helfen, Fortschritte zu verfolgen und dir bewusst zu machen, welche Strategien dir helfen. Zum Beispiel könntest du feststellen, dass bestimmte Entspannungstechniken besonders wirksam sind oder dass es dir hilft, mit Freund:innen über deine Ängste zu sprechen.


Soziale Unterstützung ist ebenfalls wichtig. Vertraue dich Freund:innen oder Familienmitgliedern an und suche Unterstützung. Es kann sehr hilfreich sein, über deine Ängste zu sprechen und zu wissen, dass du nicht alleine bist. Freund:innen und Familie können dir Mut machen und dich in angstauslösenden Situationen unterstützen.


Ängste können mit Verhaltenstherapie behandelt werden

Der Angstkreislauf kann dein Leben erheblich beeinträchtigen, aber es gibt wirksame Methoden, ihn zu durchbrechen. Kognitive Verhaltenstherapie, Achtsamkeit und Unterstützung durch dein soziales Umfeld sind wichtige Schritte auf dem Weg zur Überwindung der Angst. Indem du negative Denkmuster erkennst und veränderst, dich schrittweise angstauslösenden Situationen stellst und Entspannungstechniken anwendest, kannst du den Angstkreislauf durchbrechen und ein erfüllteres Leben führen. Trau dich, den ersten Schritt zu machen und Hilfe zu suchen.

Du bist nicht allein. Viele Menschen kämpfen mit ähnlichen Ängsten, und es gibt Hilfe. Wenn du das Gefühl hast, dass Angst dein Leben beherrscht und du Schwierigkeiten hast, aus diesem Kreislauf auszubrechen, stehe ich dir gerne zur Seite. Gemeinsam können wir z.B. an negativen Denkmustern arbeiten, Expositionsübungen durchführen oder Entspannungstechniken entwickeln, die dir helfen, die Kontrolle über deine Angst zurückzugewinnen.


Es ist nie zu spät, den ersten Schritt zu machen und Unterstützung zu suchen. Du verdienst es, ein angstfreies und erfülltes Leben zu führen. Kontaktiere mich gerne für ein unverbindliches Vorgespräch, um herauszufinden, wie wir gemeinsam an deinen Zielen arbeiten können.





Disclaimer: Die Inhalte dieses Blogs dienen der allgemeinen Information und ersetzen keineswegs eine individuelle Beratung, Diagnose oder Therapie. Bei spezifischen psychischen Anliegen ist es wichtig, sich an einen Facharzt oder einen Therapeuten deines Vertrauens zu wenden. Die hier geteilten Informationen und Meinungen sind meine persönlichen Ansichten und sollen nicht als Ersatz für professionelle Hilfe betrachtet werden.



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